Predigt zu Epiphanias

von Pfarrerin Elke Dollinger

ZIONS KÜNFTIGE HERRLICHKEIT

601Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir! 2Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. 3Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.

4Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. 


Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden. 5Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt. 6Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.

Liebe Gemeinde!

Mache dich auf, werde Licht

Zeige der Zukunft dein Gesicht

Schenke dem Leben weiten Raum – habe Gottvertraun!

Eine kurze Zusammenfassung unseres heutigen Predigttextes. Anhand dieser drei Sätze möchte ich den Propheten Jesaja auslegen.

I.

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit den HERRN geht auf über dir!

Jesaja macht ab Kapitel 60 Hoffnung und tröstet. Wo Jesaja – gemäß seines Prophetenamtes – in vielen Kapiteln davor mahnte, warnte und Unheil voraussagte, jetzt das Heil, Herrlichkeit – Licht. Klarmachen wollte er, dass die Beziehung der Menschen Israels zu ihrem Gott gestört ist. Gott selbst hat viele Möglichkeiten zu heilen, zu versöhnen, wieder strahlend in den Mittelpunkt zu gelangen. Die Gottesbeziehung wird wiederaufgenommen und neu etabliert.

Zeitlich gesehen entstand der Text vermutlich erst dann, als auch schon das Ende des Exils des Volkes Israel eingetreten ist und die Verbannten nach Jerusalem und in ihr Land zurückgekehrt sind.

Und für diejenigen die da sind und vor einem Scherben-Haufen stehen – da ist noch nichts gut. Da mag das Propheten-Wort des Jesaja im Kapitel 60 über einen harten Wiederaufbau-Alltag hinweghelfen. Verheißungen auf eine gute, goldene Zukunft hinweisen. Als sollten die Anstrengungen mit versöhnlicher Aussicht geleistet werden.

Und die im Text erwähnten Völker haben zu anderen Zeiten Krieg und die Vertreibung ins Exil mit sich gebracht. Ihnen ist es gut gegangen, während die Israeliten in Babylon waren. Nun soll es für Israel – auch von diesen Länder – neue Reichtümer, gar Schätze geben? Nüchtern, logisch betrachtet nicht vorstellbar!

Und doch weitet sich da schon das Bild der Herrlichkeit Gottes über das Volk Israels hinaus auf alle Völker bis hin zu uns am heutigen Tag. Gold und Weihrauch – göttliche Geschenke, bei Jesaja, wie im heutigen Evangelium. Die Geschenke der Weisen mit Gold und Weihrauch sollen genau dies andeuten: Ferne, Fremde verstehen vom Heilsgeschehen und die Herrlichkeit Gottes. Das Gott eine Beziehung zu uns aufnehmen möchte! Und wir feiern heute, dass mit Jesus das göttliche Licht in der Dunkelheit erschienen ist.

Durch die Zeiten hindurch scheinen diese – vielleicht nicht vorstellbaren – Verheißungen immer wieder eingetreten zu sein. In der Rückschau stehen wir und sehen mehr.

Diejenigen, die nach dem Exil alles wiederaufbauen müssen, haben es vielleicht gar nicht selbst erlebt. Und doch haben sie der Zukunft ihr Gesicht gezeigt, aufgebaut – das hätten sie nicht, wenn da nicht die Hoffnung auf die Kehrtwende gewesen wäre.

II.

Wie war es bei anderen Menschen und deren Krisen? Können sie der Zukunft ihr Gesicht zeigen? Gut ist es auch mal auf Kalender-Blätter und deren Gedenk-Tage zu schauen. So ist der 6. Januar der Todestag von Louis Braille. Im Jahr 1852 starb er nur zwei Tage nach seinem 43igsten Geburtstag. Und der 4. Januar, sein Geburtstag, ist der Gedenktag für seine von ihm erfundene Blindenschrift, die auf 6 fühlbaren Punkten basiert. Schon als Kind verlor er sein Augenlicht. Kein sehen, kein Licht, alles Dunkel um ihn her.

Trotzdem wollte er dabei sein und etwas lernen. Modern: es ging um Teilhabe. Er wollte nicht nur abhängig sein, von dem was andere ihm vorlesen konnten. Louis Braille lernte was möglich war, für ihn als Blinden und tüftelte und kam dann eben auf diese Schrift. Er wollte Zukunft haben und nicht nur für sich, für alle die mit so einer Einschränkung leben müssen.

Erst nach seinem Tod verbreitete sich seine Schrift und seitdem haben Blinde in aller Welt die Chance fühlend zu lesen. Damit haben sie an Wissen und Informationen Anteil. Louis Braille hat trotz seiner Behinderung, dem Schicksalsschlag, seiner Blindheit an einer Zukunft gebaut und gearbeitet. Zeige der Zukunft dein Gesicht!

III.

Schenke dem Leben weiten Raum – habe Gottvertraun:

Wie geht das? Was können wir geistlich tun, das wir dem Handeln, dem Licht und der Herrlichkeit Gottes immer wieder Platz einräumen?

Wir nehmen uns ja im neuen Jahr oft einiges vor. Oft sind es Vorsätze die wir bald schon nicht mehr einhalten können.

Aber die Zeichen, der Herrlichkeit Gottes können wir immer wieder sehen, wenn wir nicht mit Blindheit geschlagen sind! Wenn wir es sind: es kommen im neuen Jahr 2021 noch viele Sonntag und Feiertage, an denen wir immer wieder erinnert werden und somit etwas leichter dranbleiben können!

Und es darf gerne ganz konkret sein: Lichtzeichen in den Momenten wo es dunkel ist: Wie sie es im Kinderkrankenhaus in Providence, Rhode Island, USA tun: Um Punkt halb neun sind da alle kleinen Patienten hinter den Fenstern und warten auf ihre Gute-Nacht-Lichter. Kein Abend vergeht, an dem die Kinder nicht dieses Lichter Spektakel erleben. Alle lassen um 20.30 der Ortszeit eine Minute lang ihre Lichter aufleuchten. An-aus-an-aus. Ob Autos, Fahrräder, Taschenlampen – ein Gruß geht in die Nacht.

Mache dich auf und werdet Licht! Das ist doch mal ganz und gar wörtlich genommen und hier ganz wunderbar umgesetzt!

Werdet schnell wieder gesund ihr Kinder im Krankenhaus, wir hier draußen denken an euch, wir warten auf euch.

Mache dich auf, werde Licht

Zeige der Zukunft dein Gesicht

Schenke dem Leben weiten Raum – hab’ Gottvertraun!

Diese Lichtzeichen der Hoffnung können wir Christinnen und Christen konkret ausstrahlen. Dazu stärken wir uns im Gottesdienst, mit den Gebeten und Liedern, mit Ritualen und Texten.

So werden wir Licht teilen und jede und jeder kann sich Zeit nehmen daran zu denken, von welchem Platz aus wir Lichtzeichen der Herrlichkeit Gottes aussenden.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen